Fachgespräch - Frau Dr. Zitzmann als Expertin für Darmgesundheit

Darmaufbaukur und fachlicher Austausch

Der Darm wird in vielen Fachartikeln und Büchern als "Gesundheitszentrum" beschrieben.

In der Arbeit mit unseren Personal Training Kunden sehen wir seit Jahren aus erster Hand, welche Macht im Darm steckt. Körperfettabnahme, Muskelaufbau und sogar das Immunsystem hängen in direktem Zusammenhang mit unserer Darmgesundheit. Für viele Kund*innen die mit ihrer Physis, dem Energieniveau und der körperlichen Leistungsfähigkeit unzufrieden sind, liegt die Ursache im Darm.

Unser Chef-Personaltrainer Matthias Maier hat sich im Sommer zum Selbstversuch entschlossen und ist über Empfehlungen zu Frau Dr. Zitzmann im Sheridanpark gelangt.

Nach einem ausführlichen Anamnesegespräch und fachlichem Austausch wurde zunächst Blut entnommen und eine Stuhlprobe ins Labor geschickt. Es sollte festgestellt werden, ob Lebensmittelunverträglichkeiten vorlagen und wie es um die Darmbakterien sowie die Darmschleimhäute bestellt ist.

Basierend auf diesen Ergebnissen hat Frau Dr. Zitzmann dann eine Liste mit Lebensmitteln erstellt, auf die Matthias für mindestens 4 Wochen verzichten sollte. Ergänzt wurde die Ernährungsumstellung mit homöopathischen Nahrungsergänzungsmitteln.

Fachgespräch: Frau Dr. Zitzmann als Expertin für Darmgesundheit
Fachgespräch: Frau Dr. Zitzmann als Expertin für Darmgesundheit

Das Interview mit Frau Dr. Zitzmann

Sie sind Kardiologin und Fachärztin für Innere Medizin. Was war ausschlaggebend für Interesse an diesen Fachbereichen, was fasziniert Sie daran?

 

Schon früh im Studium, als noch Fächer wie Physiologie und Biochemie auf dem Lehrplan standen, hat es mich fasziniert, wie unser Körper und unsere Organsysteme funktionieren und wie, trotz der Komplexität, all diese scheinbar mühelos zusammen wirken.

 

Die Entscheidung für die Innere Medizin war dann der nächste natürliche Schritt, weil es als Fachgebiet nicht nur auf ein Organsystem beschränkt ist, sondern den ganzen Körper betrachtet. Im Rahmen meiner internistischen Ausbildung fand ich es faszinierend und lehrreich in ganz unterschiedlichen Fachgebieten tätig zu sein. Ich habe in dieser Zeit u.a. in der Pneumologie, der Gastroenterologie, in verschiedenen Notaufnahmen und im Rettungsdienst gearbeitet.

 

Am Ende meiner internistischen Weiterbildungszeit war ich in der Kardiologie tätig. Dort hatte ich einen sehr netten und unterstützenden Chef, dessen Begeisterung und Freude für dieses Fachgebiet so ansteckend waren, dass ich mich dazu entschieden habe, nach meinem internistischen Facharzt noch den Facharzt für Kardiologie anzuschließen. Das Herz als Organ mit seinen vielfältigen Wirkungen auf unseren gesamten Körper fasziniert mich noch heute.

 

Meine Freude daran, immer wieder Dinge zu hinterfragen, neues zu lernen, tiefere Zusammenhänge zu begreifen und meine Suche, was jeder von uns ganz selbstverantwortlich für seine Gesundheit tun kann (bevor Krankheit überhaupt entsteht), haben mich dann weiter geführt in die Naturheilkunde.

 

Sie sind seit Mitte 2020 in der Praxisgemeinschaft für integrative Medizin im Sheridan Park tätig. Was bedeutet für Sie das Wort 'integrative' im medizinischen Kontext?

 

Die integrative Medizin verbindet die klassische, wissenschaftliche Hochschulmedizin mit dem Wissen traditioneller Heilkunst. Bereits während meiner schulmedizinischen Ausbildung habe ich mich für regulative, ganzheitliche Therapieverfahren interessiert und über die Jahre vielfältige Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich absolviert. Die Verbindung meines Wissens aus meiner langjährigen schulmedizinischen Tätigkeit und meinen naturheilkundlichen Ausbildungen ermöglicht es mir heute eine holistische Heilkunde zu betreiben, die den individuellen Menschen in seiner Ganzheit von Körper, Seele und Geist wahrnimmt und begleitet. Dies bietet sehr effektive Heilansätze, gerade wenn es um chronische Erkrankungen oder „Befindlichkeitsstörungen“ geht, in denen die klassische Schulmedizin leider oft nicht befriedigend weiterhelfen kann.

 

 Sind Sie spirituell?

 

Diese Frage kann ich mit einem klaren Ja beantworten. Für mich bedeutet Spiritualität die Ausrichtung eines Menschen auf all jene Bereiche und Erfahrungen, die über ihre/seine aktuelle, unmittelbare Wirklichkeit hinausreichen, unabhängig von irgendwelchen Dogmen. Ich lerne täglich, dass es in unserer Welt mehr gibt, als wir bisher Wissen und erfahren. Es fasziniert mich, meinen Horizont immer wieder zu erweitern, alte Dogmen und Regeln zu hinterfragen und Neues zu wagen.

 

Der Psychologe Rudolf Sponsel definiert Spiritualität als „bewusste Beschäftigung mit Sinn- und Wertfragen des Daseins, der Welt und der Menschen und besonders der eigenen Existenz und der Selbstverwirklichung im Leben“. Und da schließt sich meine Art Medizin zu betreiben an. Für mich geht es bei meiner Arbeit auch darum, meine Patienten bei einem Ein- und Umstieg in ein umfassenderes Denken zu begleiten. So gesehen ist für mich der individuelle Weg zur Heilung bzw. der Umgang mit der eigenen Krankheit auch ein spiritueller Weg.

 

Ihr Steckenpferd ist die Mikrobiologie - wie wichtig ist der Darm für unsere Lebensenergie und Gesundheit im Allgemeinen?

 

Der Darm ist das Zentrum unserer Gesundheit, sozusagen unser „Gesundheitsorgan“. Das ist ein Wissen, dass in traditionellen Heilkünsten wie TCM und Ayurveda seit tausenden von Jahren zur Heilung von Krankheiten dient. In den vergangenen Jahren hat die medizinische Forschung den Darm mit seinen vielen Facetten bei der Behandlung von Krankheiten wieder entdeckt.

 

So ist unser Darm nicht nur zuständig für die lebensnotwendigen Aufgaben der Verdauung, sondern reguliert auch unsere Immunabwehr, unseren Stoffwechsel, die Aufnahme lebenswichtiger Nährstoffe und Vitamine und vieles mehr. Krankheiten wie Allergien, Neurodermitis, metabolische Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Übergewicht und sogar unser psychisches Wohlbefinden werden mit unserem Verdauungsorgan und unseren Darmbakterien in Bezug gebracht.

 

Daher ist für mich ein gesunder Darm und die mikrobiologische Medizin ein grundlegender Teil in meinem ganzheitlichen Therapiekonzept.

 

Würden Sie sagen, dass es sich für jeden Menschen lohnt, den Darm zu optimieren? Wo genau liegt der Benefit?

 

Absolut! Ich finde generell, dass jeder einzelne von uns aufgefordert ist, sich immer wieder um seine Gesundheit zu bemühen. Und zwar idealerweise bevor eine manifeste Organerkrankung auftritt. Leider sind chronische Erkrankungen in unserer modernen Gesellschaft auf dem Vormarsch. Wir Menschen werden statistisch gesehen zwar älter, aber was nützt ein langes Leben, wenn wir dabei viele Jahre oder Jahrzehnte von chronischen Erkrankungen geplagt sind, die unsere Lebensqualität oft dramatisch einschränken? Das finde ich eine schlechte Bilanz.

 

Mir ist es wichtig meinen Patienten zu vermitteln, dass man selbst viel für sich und die eigene Gesundheit tun kann. Man hat es in den meisten Fällen sozusagen selbst in der Hand.

 

Und unser Darm ist eben, wie oben beschrieben, unser „Gesundheitszentrum“. Leider ist er aber auch sehr stressanfällig. Durch die Corona-Pandemie hat die vorher schon hohe Stressbelastung in unserer Gesellschaft noch einmal deutlich zugenommen. Das bedeutet, selbst wenn keine Magen-Darm-Beschwerden vorliegen, finden sich bei den meisten Menschen im Darm schon Auffälligkeiten und es kann eine sehr große Unterstützung sein, hier frühzeitig vorzusorgen.

 

Wo liegen aus Ihrer Erfahrung die meisten Unverträglichkeiten? Gibt es Lebensmittel, die pauschal keine(r) ihrer Patient:innen gut verträgt?

 

Aus meiner Erfahrung ist eine Unverträglichkeit von Kasein, Gluten, Zucker und Histamin am häufigsten. Mir ist es an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, dass es dabei große individuelle Unterschiede gibt. Ich halte nichts davon, diese Lebensmittel einfach für immer vom Speiseplan zu streichen. Unser Darm ist dann besonders gesund, wenn eine große Diversität (Vielfalt) gewährleistet ist. Das bedeutet, dass auch unsere Ernährung möglichst divers und variantenreich sein sollten. Ich würde daher immer eine mikrobiologische Testung und eine individuell angepasste Therapie empfehlen. Mein Ziel ist es, durch die Darmtherapie wieder eine gute Resilienz aufzubauen, so dass nicht nur Lebensmittel wieder besser vertragen werden, sondern auch die Widerstandskraft gegen Umwelteinflüsse und Erkrankungen steigt.

 

Körper versus Geist: Würden Sie einen gesunden Lifestyle oder die perfekte Ausgeglichenheit höher gewichten?

 

Ich finde es schwierig das eine ohne das andere zu erreichen. Wenn ich ein sehr unausgeglichenes Leben führe (zB anhaltende Stressbelastung, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung) ist es für den Körper sehr schwierig gesund zu bleiben. Andersherum beeinträchtigen chronische Krankheiten oder Schmerzen unsere Lebensqualität enorm und verhindern es häufig, ausgeglichen und freudvoll zu leben. So ist meine Empfehlung, sich um beides zu bemühen. Und dabei im Hinterkopf zu behalten, dass kein Mensch perfekt ist! Den perfekten, gesunden Lifestyle und die perfekte Ausgeglichenheit werde zumindest ich in absehbarer Zeit nicht erreichen 😊. Ich finde es wichtig, mich immer wieder liebevoll anzunehmen, in all meinen menschlichen Facetten und Unvollkommenheiten. Und dabei trotzdem, Schritt für Schritt, den Weg zu einem gesünderen Lifestyle zu beschreiten, der ja auch automatisch mehr Ausgeglichenheit bedeutet!

 

Wie relevant sind die Gene? Gibt es wirklich Pechvögel, die “vom Anschauen zunehmen” und richtige Glückskinder, die essen können, was immer sie wollen?

 

Was macht uns zu dem was wir sind: unsere Gene oder unsere Umwelt? Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler schon sehr lange. Seit kurzem ist unser menschliches Genom vollständig entschlüsselt. Das enttäuschende Ergebnis: der Mensch hat „nur“ etwa 30.000 Gene. Im Vergleich zum Fadenwurm, mit 18.000 Genen, ist der Unterschied überraschend gering. „Die Frage, was uns menschlich macht, lässt sich nicht beantworten, indem wir auf unser Genom starren“ meint der Nobelpreisträger David Baltimore. Der Menschen ist nicht deshalb komplexer als Würmer, weil er mehr Gene besitzt. Dazu kommt noch das große und recht neue Forschungsfeld der Epigenetik, was uns zeigt: es scheint viel wichtiger zu sein, welches Gen an- und ausgeschalten ist und wie die Klaviatur der gerade aktiven Gene zusammen wirkt. Und das wiederum kann ich durch meinen Lifestyle (psychisch wie physisch) sehr wohl fundamental beeinflussen.

 

Ich finde das eine sehr erfreuliche Erkenntnis: wir haben unser Wohlbefinden viel mehr selbst in der Hand als wir bisher glauben und erfahren.

 

Welche drei konkreten Tipps würden Sie pauschal jeder/jedem Leser:in mit auf den Weg geben?

 

Für mich lässt es sich auf drei fundamentale Säulen herunterbrechen. Bemühen sie sich um:

1. Gutes Stressmanagement

2. Darmgesundheit

3. Ausreichend Bewegung

 

Das ist so einfach wie komplex und ein lebenslanger Weg. Meine Patienten auf diesem Weg zu begleiten begeistert und erfüllt mich. Ich kann nur jeden Einzelnen ermutigen, sich damit genauer auseinander zu setzen. In unserer Praxis bieten wir aus diesem Grund immer wieder Vorträge zu verschiedenen, gesundheitlichen Themen an. Aktuelle Informationen dazu finden sie auf unserer Internetseite (www.integrative-medizin-augsburg.de). Den Gesundheit ist soviel mehr als nicht krank zu sein!

 

Wie finden Sie Ihre persönliche Work-Life-Balance?

 

Mal besser und mal schlechter. Auch das ist aus meiner Sicht ein lebenslanger Weg. Und auch hier: die perfekte Work-Life-Balance gibt es (für mich zumindest) nicht.

 

Ich frage mich immer wieder, ob mein Alltag so wie er gerade ist, für mich noch eine gute Work-Life-Balance bedeutet. Und wenn nicht, nehme ich mir mittlerweile auch die Freiheit, mein Leben entsprechend anzupassen. Das bedeutet für mich zum Beispiel, dass ich mir auch mal erlaube Dinge liegen zu lassen, dass ich es priorisiere gesund zu kochen oder länger zu schlafen, dass ich meinen Computer mal ausschalte und mich in den Wald aufmache.

 

Und es dient mir natürlich auch, dass ich sehr viel Freude an meiner Arbeit habe, so dass Work sich meistens auch wie Life anfühlt 😊.

 

Kontakt:

Praxisgemeinschaft für Integrative Medizin
Max-Josef-Metzger-Straße 15
86157 Augsburg

https://www.integrative-medizin-augsburg.de/dr-sabine-zitzmann-aerztin/